Problem-/Sachlage:
Zentralisierung,
Produktmonotonie, Gleichmacherei und rein gewinnorientiertes Konzerndenken sind die Totengräber unserer
Regionen, indem sie uns, meist schleichend, die Identität, Spezialität und heimatliche Verbundenheit
nehmen/abgewöhnen.“ Anerkannte
Gegengewichte sind z.B. die Vielfalt sowohl in Landschaft und Natur, als auch
bei Produkten und Lebensweisen in den verschiedenen Regionen. Exakt hierauf
zielen die Ansätze der laufenden LEADER-Förderung ab. Neben einigen
Haupterwerbslandwirten gibt es in unserer Region zahlreiche Nebenerwerbs- und
auch Hobbybetriebe, die sich der Viehhaltung und -zucht widmen. In früheren
Zeiten standen in nahezu jedem Ort für Viehhalter Metzgereien gleichzeitig auch
als Schlachtereien zur Verfügung, bei denen auf kurzem Weg und nach
individuellem Bedarf geschlachtet werden konnte. Wie bekannt, hat die
Industrialisierung im Billigwettbewerb einhergehend mit Standardisierungen und
hohen Auflagen nicht nur in diesem Produktionsbereich dafür gesorgt, dass in
unserer Region nahezu alle Metzgereien/Schlachtereien meist vor den enormen
behördlichen Hürden kapituliert und in diesem Zuge auch potenzielle Nachfolger
abgewinkt haben. In gleichem Zuge hat sich die Sachlage juristisch so
entwickelt, dass Schlachtprodukte der Viehhalter nur an Dritte veräußert werden
dürfen, wenn sie in einem zertifizierten Schlacht-/Zerwirkbetrieb verarbeitet worden
sind. Gestattet sind allerdings noch sogenannte Hausschlachtungen für den
Eigenverbrauch, wobei es Bestrebungen gibt, auch hier einen Riegel
vorzuschieben, was die Problematik durchaus gerade für kleine Betriebe
verschärfen dürfte. Seitens zahlreicher Viehhalter besteht der Wunsch, ihre
Tiere nicht in einer Großschlachterei nach entsprechend weiter Anreise in einen
Pulk fremder Tiere abzugeben, sondern möglichst vor Ort nach Absprache eines
individuellen Schlachttermins und Produktwunsches (von grob zerteilt über
portioniert bzw. veredelt) schlachten zu lassen.
Projektidee:
Einrichtung
der „Regionalen Schlacht- und
Zerwirkstätte Aartal“ (RSZA) in der ehemaligen Metzgerei Henriettenhof in Aarbergen
- Kettenbach nach den Kriterien der EU-Zertifizierung für Viehhalter aus der
Taunusregion sowie den Räumen Limburg und Wiesbaden im Rahmen eines
genossenschaftlichen Betriebes.
Bisherige
Aktivitäten:
Im Oktober 2016 haben sich über zehn Viehhalter (Rinder,
Schafe, Ziegen, Schweine) aus Heidenrod, Hohenstein, Waldems und Wiesbaden
getroffen, um die Problematik zu erörtern. Ergebnis war die vorstehend
aufgeführte Projektidee. Ohne den für die praktische Umsetzung notwendigen
Invest genau zu kennen, war den Beteiligten klar, dass dies einerseits nur mit
öffentlichen Fördergeldern und andererseits nur mit kommunaler Unterstützung
darstellbar ist. Folglich wurde im Rathaus in Hohenstein im Oktober 2016 zu
einer Besprechung mit den Bürgermeistern Bauer (Hohenstein), Scheliga
(Aarbergen) und Diefenbach (Heidenrod) sowie dem Regionalmanager Windgasse
eingeladen. Letzterer legte dar, dass für ein derart zugeschnittenes Projekt
durchaus gute Fördermöglichkeiten bestehen, die, wenn das Projekt in kommunaler
Trägerschaft abläuft, bis zu 50% der Nettokosten ausmachen können. Die
anwesenden Bürgermeister konnten von der Sinnhaftigkeit des Projektes überzeugt
werden und sahen darin u.a. die Möglichkeit einer strukturellen Stärkung der
Region (Wertschöpfung) sowie identitätsstiftende Wirkung durch die erweiterte
Vielfalt regionaler Produkte (u.a. Hofläden), aber auch den Aspekt der Erhalt
unserer agrarischen Kulturlandschaft unter naturschutzfachlichen (extensive
Beweidung) und touristischen Aspekten (Offenhaltung der Wiesentäler,
Weidetierhaltung). Besprechungsergebnis war, zunächst mit den Eigentümern der
ehemaligen Metzgerei in Kettenbach Kontakt aufzunehmen, den Umfang der
notwendigen Investitionen, den Umfang der Interessenten aus den Reihen der
Viehhalter, Personalausstattung, Betriebskosten, die Haltung des Kreisbauernverbandes
und die Möglichkeiten der Umsetzung im Rahmen einer Genossenschaft
festzustellen. Die Ergebnisse zu den vorgenannten Punkten wurden im Rahmen
einer erneuten Besprechung in gleicher personeller Zusammensetzung am 22.12.16
ebenfalls im Rathaus Hohenstein vorgetragen: - Die
Eigentümer des Henriettenhofes stehen der Angelegenheit sehr positiv gegenüber,
würden die Räumlichkeiten so herrichten, dass alle notwendigen
Einrichtungsgegenstände installiert werden können, stellen auch Räumlichkeiten
als Stallungen für kurzzeitiges Unterstellen (Beruhigen) von Tieren zur
Verfügung und verlangen eine akzeptable Pachtzahlung. Eine Fachfirma für
Metzgereiausstattungen war vor Ort und bezifferte die notwendigen
Gesamtinvestitionen unter den Maßgaben einer EU-Zertifizierung auf rund 200.000 € brutto. Enthalten darin sind ein
Viehanhänger zum Transport von Tieren bei Bedarf und ein Kühlanhänger. - Seitens des Veterinäramtes, das im Übrigen diesem Vorhaben
sehr aufgeschlossen gegenüber steht, konnten aus datenschutzrechtlichen Gründen
lediglich Gesamtzahlen herausgegeben werden, wie z.B., dass im RTK 137
Rindviehhalter registriert sind. Alleine die fünf Gallowayhalter in der
Arbeitsgruppe würden jährlich rund 50 Tiere einer Schlachtung zuführen und die
drei Schafhalter 65 Tiere. Zur Bedarfsermittlung und den daraus resultierenden
Umsatz- / Rentabilitätsabschätzungen ist eine geeignete Öffentlichkeitsarbeit
notwendig. Für die Schlachtung (incl. grober Zerlegung) eines Stücks Großvieh sind ca. 350 €, von
Schweinen, Schafen und Ziegen ca. 30 € pro Stück als Preis anzusetzen, um eine
annähernde
Konkurrenzfähigkeit zu den Großschlachtereien darstellen zu können. Für den
verantwortlichen Betrieb der Schlachtstätte ist ein Metzgermeister unabdingbar.
Drei bekannte Metzgermeister würden für eine Übergangsfrist bereit stehen,
bevor eine geeignete Person gefunden ist und fest angestellt wird. Bei
Arbeitsspitzen im Herbst und Winter werden ggf. zur Unterstützung des Meisters
geringfügig Beschäftigte benötigt. Für die Erledigung der nicht zu
vernachlässigenden Administration sowie Teile der Organisation wäre ebenfalls
eine dauerhafte Besetzung im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung
notwendig. Die Personalkosten dürften sich zusammen auf ca. 100.000 € brutto p.a. belaufen. Ehrenamtliche
Tätigkeiten der hinter dieser Projektidee stehenden Personen oder späterer
Mitwirkender sowohl bei der Einrichtung der Schlachtstätte als auch des
späteren Betriebes werden sicherlich notwendig sein, finden zu diesem Zeitpunkt
jedoch noch keine Berücksichtigung, da auch nicht förderfähig. - Zur Ermittlung der Betriebskosten wurden vorhandene Daten
der Eigentümer des Henriettenhofes
herangezogen. Demnach ist von einem Ansatz von rund 35.000 € brutto p.a. einschließlich der
Abschreibungen, aber ohne mögliche Kreditkosten für eine Teilfinanzierung der
Erstinvestition, auszugehen. Der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes, Herr
Kunz, wurde sowohl von Herrn Diefenbach, als
auch Herrn Molter (Tierhalter) sowie Herrn Windgasse auf dieses Projekt
angesprochen. Herr Kunz erklärte unisono, dass es eine letzte, privat geführte
regionale Schlachtstätte im Nachbarkreis gibt, die es in diesen Zeiten zu
erhalten gilt. Da Wünsche nach Sonderschlachtungen wie z.B. Schafe, oder auch
besondere Wünsche an die weitere Verarbeitung der Tiere nach dem Schlachten
geäußert wurden, wird der Bauernverband das Projekt unterstützen. Die
Voraussetzung ist, dass sich genug Nutzer melden, die sich dann auch finanziell
engagieren, um dem Projekt auch mittelfristig eine Zukunft zu geben. Herr
Diefenbach hatte Kontakt mit dem Vorstand der bestehenden
Vermarktungsgenossenschaft (Wildspezialitäten) in Heidenrod und teilte mit,
dass man dort einer hinsichtlich des RSZA durchaus positiv gegenüber stehe, da
man Synergieeffekte erkennen würde.
Ein Genossenschaftsanteil beträgt dort 100 €. Investive Genossen halten 10
Anteile, also insgesamt 1.000 €. Dies wäre auch der Maßstab für die künftigen
Nutzer (Viehhalter)
des RSZA. Es besteht die Möglichkeit für die Kommunen, durch den Kauf von
eigenen Anteilen, angedacht sind 10.000,- € pro
Kommune, die Erstinvestition zu unterstützen und damit neben der Verringerung einer möglichen
Kreditaufnahme durch die Genossenschaft auch eine Signalwirkung für die
Fördergeber und potenzielle Genossen erzielen. An diesem Punkt wurde
einvernehmlich festgestellt, bevor in dieser Sache, insbesondere hinsichtlich
der Suche nach Interessenten unter den Viehhaltern der Region zur Erfassung
eines Mengengerüstes, öffentlichkeitswirksame Tätigkeiten entwickelt werden,
zunächst die Gemeindevertretungen der Kommunen Aarbergen, Heidenrod und
Hohenstein damit zu befassen. Dabei sollten vorbehaltliche Grundsatzbeschlüsse
mit den nachfolgenden Bedingungen angestrebt werden: - Es müssen entsprechende Fördergelder bewilligt werden, - Es müssen mindestens 30% des notwendigen Erstinvests (also
30 % von 200.000) durch Genossenschaftsanteile sichergestellt sein. - Der Vertrag mit den Eigentümern (Rechtsnachfolgern) der
Räumlichkeiten muss mindestens über 5 Jahre abgeschlossen sein, mit der Option
jährlicher Verlängerung. - Dieser Beschluss muss von allen
drei Gemeindevertretungen gleichlautend gefasst werden.
Weiteres
Vorgehen:
Nach Vorliegen der jeweiligen positiven Beschlussfassungen
aus den drei Gemeinden wird die notwendige Öffentlichkeitsarbeit in der
gesamten Region gestartet, mit dem Ziel relativ verbindliche/belastbare Zahlen
zur Ausnutzung und damit Rentabilität der Schlachtstätte zu erlangen und auch
die Bereitschaft zur aktiven Teilnahme an der Genossenschaft festzustellen. Um
eine möglichst große Transparenz beizubehalten, sollte die
Öffentlichkeitsarbeit von den beteiligten Kommunen und den bisherigen
Interessierten der AG gemeinsam strategisch angelegt, durchgeführt und auch die
Ergebnisse ausgewertet werden. Zuvor sollte das Vorhaben im Rahmen einer
Bürgermeisterdienstversammlung des RTK vorgestellt werden, um auch dort
generelle Zustimmung und Unterstützung herbei zu führen. Dies auch angesichts
eines möglichen späteren Rankings mit anderen Projekten aus dem Regionalen
Entwicklungskonzept. Sollten sich die so ermittelten Zahlen und Werte im von
den Gemeindevertretungen vorgegebenen Rahmen bewegen, wird ein entsprechender
Förderantrag mit den Gemeinden als Projektträger formuliert und über das
Regionalmanagement auf den Weg gebracht.
Der Gemeindevorstand der Gemeinde Hohenstein stimmt der Projektidee „Einrichtung der Regionalen Schlacht- und Zerwirkstätte Aartal (RSZA)“ in der ehemaligen Metzgerei Henriettenhof in Aarbergen – Kettenbach nach den Kriterien der EU-Zertifizierung für Viehhalter aus der Taunusregion sowie den Räumen Limburg und Wiesbaden im Rahmen eines genossenschaftlichen Betriebes zu und überweist die Angelegenheit an die Gemeindevertretung.
keine
Die Gemeindevertretung
der Gemeinde Hohenstein stimmt der Projektidee „Einrichtung der Regionalen Schlacht- und
Zerwirkstätte Aartal (RSZA)“ in der ehemaligen Metzgerei Henriettenhof in
Aarbergen – Kettenbach nach
den Kriterien der EU-Zertifizierung für Viehhalter aus der Taunusregion sowie
den Räumen Limburg und Wiesbaden im Rahmen eines genossenschaftlichen Betriebes
zu
.
13.02.2017 |
Gemeindevorstand |
Der Gemeindevorstand der Gemeinde Hohenstein empfiehlt der
Gemeindevertretung der Vorlage A3/006/2017 (Entwicklung der Region Taunus im
Rahmen der laufenden Förderkulisse LEADER) in der vorgelegten Form
zuzustimmen. |
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einstimmig beschlossen |
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13.03.2017 |
Wirtschaftsausschuss |
Wird mündlich vorgetragen |
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15.03.2017 |
Haupt- und Finanzausschuss |
Wird mündlich vorgetragen |